So. 28.01.2024 Predigt am 28. Jänner 2024 (Hemma Putschögl)

Bibelstelle: Markus 1, 21–28

 

„Ich spüre ja gar nichts“ oder „es ist langweilig“, sagen der eine oder die andere über den Glauben. Hunderte mal haben wir die ewig gleichen Sätze gehört, und doch haben sie nichts berührt, nichts bewegt, nichts verändert. Hunderte mal haben wir gebetet, doch ohne die Hoffnung, dass sich etwas verändern könnte. Einfach, um unsere Pflicht zu erfüllen, oder vielleicht weil es doch auch guttut, jemanden ansprechen können, wenn sonst niemand zuhört und versteht.

In eine solche Situation hinein spielt das heutige Evangelium. Die Synagoge war voll von Menschen, die das Sabbatgebot treu hielten, und die in jedem Gottesdienst den Erklärungen der Schriftgelehrten zuhörten. Sicher versuchten sie, ihr Leben nach dem auszurichten, was sie hörten – und doch war schon lange kein Funke mehr übergesprungen. Nun tritt Jesus auf den Plan. Er lehrt „wie einer, der göttliche Vollmacht hat“, heißt es im heutigen Evangelium.

 

Er kommt nicht mit einem neuen theologischen Ansatz, interessanten oder besonders lebensnahen Gedanken daher. Vielmehr ist es das Auftreten Jesu selbst, das die Menschen in Erstaunen setzt. Jesus tritt mit Vollmacht auf. In seinen Worten wirkt offensichtlich etwas, was den Menschen Gott selbst offenbart. Diese Worte, die die Menschen schon so oft gehört hatten – mal so, mal anders ausgelegt – diese Worte wurden plötzlich mit Leben gefüllt. Sie lösten Betroffenheit aus. Als ob die Seele in diesen Worten plötzlich etwas wieder finden konnte, was sie kennt. Oder besser gesagt: Den Einen wieder erkennen konnte, nach dem sie sich immer schon gesehnt hat: Gott.

Ich bin überzeugt: Wir brauchen Gott nicht erklären. Wir Menschen kennen ihn, tief in jedem von uns lebt ein Wissen über Gott, eine Sehnsucht, ihm zu begegnen. Und nicht nur im Gottesdienst oder in einer Predigt, auch nicht nur durch ganz besondere Menschen kann diese Nähe Gottes erfahren werden. Vollmacht wird spürbar, wo ein Mensch bereit ist, sich Gottes Geist zu überlassen. Sie ist der Gemeinde geschenkt, wenn wir von uns und unseren Ideen wegsehen und Gottes Kraft und Weisheit in uns, durch uns, wirken lassen. Sogar eine einfache Begegnung zwischen Menschen kann zur Gottesbegegnung werden, wenn wir bereit sind, innerlich mit dem Heiligen Geist in Verbindung zu bleiben, und ihm erlauben, dass er sich in unserem Handeln vollmächtig dazwischenschaltet – auf die Gefahr hin, dass etwas geschieht, was wir nicht geplant haben und uns herausfordert.

 

Das zuzulassen ist nicht immer einfach. Was hier im Text vom unreinen Geist ausgedrückt wird, das kennen wir vielleicht auch von unseren Gedanken, wenn Gott uns ansprechen will. „Was haben wir mit dir zu tun?“, schreit dieser unreine Geist. „Bist du gekommen, um uns ins Verderben zu stürzen?“ Hier beginnt ein Kampf. Das Bisherige und Gewohnte steht gegen das Neue und Unverfügbare, das durch Jesus anbricht. „Geh weg, du machst uns Angst – wir brauchen dich nicht. Wenn wir die Kontrolle über das Bisherige verlieren, wird es uns ins Verderben stürzen.“

Der unreine Geist will seine Macht wiedergewinnen, indem er sagt: „Ich weiß, wer du bist: Der Heilige Gottes.“ Den Namen von jemand zu wissen, seinen Auftrag zu kennen, das bedeutet Macht. Über jemand zu sprechen bedeutet, ihn und sein Handeln zur Diskussion zu stellen, über ihn zu urteilen. Doch Jesus befiehlt dem unreinen Geist zu schweigen und den Mann zu verlassen.

 

Nicht das Wissen über Jesus, über Gott, über das Glaubensbekenntnis oder eine noch so wichtige Wahrheit macht die Menschen frei. Es braucht eine persönliche Erfahrung, in der aufleuchten darf, dass Gottes Kraft unser Leben zum Guten hin verändern will.