So. 4.2.2024 Neue Kräfte sammeln – wie könnte das gelingen (Pfarrer Hans Lagler)

Schwestern und Brüder in Christus!

 

Sie alle kennen oder kannten von früher diese Erfahrung: Es wird ein Tag so vollgestopft als hätte er 36 Stunden. Da hat man einen dichten Kalender mit den unterschiedlichsten Aufgaben und dann kommt unerwartetes zusätzlich noch dazu. Es spinnt auf einem Bauernhof gerade bei den stressigen Erntearbeiten der Traktor und braucht eine dringende Reparatur. Da geht in der nagelneuen Küche eine halbe Stunde bevor die Gäste kommen die Milch über. Und und und.

 

Bei Jesus war es ebenso: Wir hörten heute seinen anstrengenden Tagesablauf: Nach der Heilung der Schwiegermutter des Petrus brachten die Leute alle Kranken und Besessenen zum Messias, weil sie von ihm die Wiederherstellung der Gesundheit erhofften. Hinter dem Satz „Die ganze Stadt war vor der Haustür versammelt“ verbirgt sich die Erfahrung von Stress und Überlastung. (Mk 1,33)

 

Wenn dies für längere Zeit eine dauerhafte Erfahrung ist, kommt es zu einer Erschöpfungsdepression, oder auch „Burn out“ genannt. Gerade sehr aktive Menschen, die in helfenden Berufen tätig sind wie Krankenschwestern, Ärzte, Lehreinnen, Sozialarbeiterinnen oder auch Priester sind in Gefahr, sich zu verausgaben.

 

Wir kennen nicht den ganzen Hintergrund des Propheten Hiob, aber er könnte ebenfalls diese Erfahrung gemacht haben. Er hat vergessen was Glück ist und ist vom Leben enttäuscht. (Ijob 7,7) Bei Hiob sind es verschiedene Leiderfahrungen – diese sprichwörtlichen Hiobsbotschaften – die ihn aus dem Geleise werfen. Er hat keine Kraft mehr diese Schattenseiten des Lebens zu meistern sondern er stellt depressiv fest: „So wurden Monde voll Enttäuschung mein Erbe und Nächte voller Mühsal teilte man mir zu. (Ijob 7, 3) In schlaflosen Stunden denkt er über seinen Alltag nach und es fehlt ihm dann tagsüber die Kraft für die vielfältigen Aufgaben.

 

Wie geht nun Jesus mit dieser Erfahrung um? Die Bibel gibt uns darauf eine Antwort: Er zieht sich in der Frühe – als es noch dunkel war – auf einen einsamen Berg zurück um zu beten. In dieser Stille kann er neue Kräfte sammeln. (Mk 1,35) Der Erlöser der Welt lebt ja aus einer ganz innigen Beziehung zu Gott. Jesus spürt ganz tief in seinem Herzen, dass ihn sein himmlischer Vater in die Welt gesandt hat, weil er die Welt liebt (Joh 3, 16). Gott will dass die Welt an ihn glaubt (Joh 17,21) und in Jesus das Leben in Fülle findet (Joh 10,10) Dieses erfüllte Leben ist aber nicht ein Alltag voller Termine sondern ein Leben mit Tiefgang.

 

Jesus wird immer wieder seinen Auftrag überdacht haben. Mit dem vorwurfsvollen Wort „Alle suchen dich“ (Mk 1,37) wird er aus seinem Gebet herausgerissen. Der Herr zieht daraus eine Konsequenz und er teilt seinen Jüngern mit, dass er in die benachbarten Dörfer gehen möchte. (Mk 1,38) Wenn ich diesen Bibelvers höre, dann verändert ein Schmunzeln mein Gesicht. Der Wanderprediger aus Nazareth hat ja hebräisch gesprochen und er verwendet dafür einen Begriff der auch zu unserem Wortschatz gehört. Er bezeichnet diese winzigen Orte als „Kaff“. Es ist ja bis heute nicht eine besondere Auszeichnung wenn eine kleine Ansiedlung als „Kaff“ bezeichnet wird.

 

Dieser Druck der Menschen, der sich im Vorwurf „Alle suchen dich!“ widerspiegelt, gibt Jesus zur rechten Zeit die Kraft seine zwölf Apostel und seine zahlreichen Jünger zu befähigen Gutes zu tun. Er schickt sie sogar zu zweit in alle Dörfer, also in alle Kaffs in die er selber gehen wollte. Sie sollen dort die Kranken heilen und von Anbruch des Reiches Gottes erzählen. (Lk 10,1 ff)

 

Zu allen Zeiten machen Menschen die Erfahrung von Stress und Überlastung. Bevor dieser Druck krank macht, gilt es das eigene Wissen und die verschiedensten Fähigkeiten an andere weiter zu geben, damit sich so die Lasten auf viele Schultern verteilen. Sehen wir jeden Tag als neue Herausforderung und zugleich als einzigartige Chance unser Leben positiv zu verändern. Amen

 

Lesung: Ijob 7, 1- 7                             Evangelium: Mk 1, 29 – 39

So. 28.01.2024 Predigt am 28. Jänner 2024 (Hemma Putschögl)

Bibelstelle: Markus 1, 21–28

 

„Ich spüre ja gar nichts“ oder „es ist langweilig“, sagen der eine oder die andere über den Glauben. Hunderte mal haben wir die ewig gleichen Sätze gehört, und doch haben sie nichts berührt, nichts bewegt, nichts verändert. Hunderte mal haben wir gebetet, doch ohne die Hoffnung, dass sich etwas verändern könnte. Einfach, um unsere Pflicht zu erfüllen, oder vielleicht weil es doch auch guttut, jemanden ansprechen können, wenn sonst niemand zuhört und versteht.

In eine solche Situation hinein spielt das heutige Evangelium. Die Synagoge war voll von Menschen, die das Sabbatgebot treu hielten, und die in jedem Gottesdienst den Erklärungen der Schriftgelehrten zuhörten. Sicher versuchten sie, ihr Leben nach dem auszurichten, was sie hörten – und doch war schon lange kein Funke mehr übergesprungen. Nun tritt Jesus auf den Plan. Er lehrt „wie einer, der göttliche Vollmacht hat“, heißt es im heutigen Evangelium.

 

Er kommt nicht mit einem neuen theologischen Ansatz, interessanten oder besonders lebensnahen Gedanken daher. Vielmehr ist es das Auftreten Jesu selbst, das die Menschen in Erstaunen setzt. Jesus tritt mit Vollmacht auf. In seinen Worten wirkt offensichtlich etwas, was den Menschen Gott selbst offenbart. Diese Worte, die die Menschen schon so oft gehört hatten – mal so, mal anders ausgelegt – diese Worte wurden plötzlich mit Leben gefüllt. Sie lösten Betroffenheit aus. Als ob die Seele in diesen Worten plötzlich etwas wieder finden konnte, was sie kennt. Oder besser gesagt: Den Einen wieder erkennen konnte, nach dem sie sich immer schon gesehnt hat: Gott.

Ich bin überzeugt: Wir brauchen Gott nicht erklären. Wir Menschen kennen ihn, tief in jedem von uns lebt ein Wissen über Gott, eine Sehnsucht, ihm zu begegnen. Und nicht nur im Gottesdienst oder in einer Predigt, auch nicht nur durch ganz besondere Menschen kann diese Nähe Gottes erfahren werden. Vollmacht wird spürbar, wo ein Mensch bereit ist, sich Gottes Geist zu überlassen. Sie ist der Gemeinde geschenkt, wenn wir von uns und unseren Ideen wegsehen und Gottes Kraft und Weisheit in uns, durch uns, wirken lassen. Sogar eine einfache Begegnung zwischen Menschen kann zur Gottesbegegnung werden, wenn wir bereit sind, innerlich mit dem Heiligen Geist in Verbindung zu bleiben, und ihm erlauben, dass er sich in unserem Handeln vollmächtig dazwischenschaltet – auf die Gefahr hin, dass etwas geschieht, was wir nicht geplant haben und uns herausfordert.

 

Das zuzulassen ist nicht immer einfach. Was hier im Text vom unreinen Geist ausgedrückt wird, das kennen wir vielleicht auch von unseren Gedanken, wenn Gott uns ansprechen will. „Was haben wir mit dir zu tun?“, schreit dieser unreine Geist. „Bist du gekommen, um uns ins Verderben zu stürzen?“ Hier beginnt ein Kampf. Das Bisherige und Gewohnte steht gegen das Neue und Unverfügbare, das durch Jesus anbricht. „Geh weg, du machst uns Angst – wir brauchen dich nicht. Wenn wir die Kontrolle über das Bisherige verlieren, wird es uns ins Verderben stürzen.“

Der unreine Geist will seine Macht wiedergewinnen, indem er sagt: „Ich weiß, wer du bist: Der Heilige Gottes.“ Den Namen von jemand zu wissen, seinen Auftrag zu kennen, das bedeutet Macht. Über jemand zu sprechen bedeutet, ihn und sein Handeln zur Diskussion zu stellen, über ihn zu urteilen. Doch Jesus befiehlt dem unreinen Geist zu schweigen und den Mann zu verlassen.

 

Nicht das Wissen über Jesus, über Gott, über das Glaubensbekenntnis oder eine noch so wichtige Wahrheit macht die Menschen frei. Es braucht eine persönliche Erfahrung, in der aufleuchten darf, dass Gottes Kraft unser Leben zum Guten hin verändern will.

 

So. 14.01.2024 Wir haben den Messias gefunden (Pfarrer H. Lagler)

Schwestern und Brüder in Christus!

 

Die älteste Aufzeichnung über Jesus finden wir beim heiligen Paulus. In seinem ersten Brief an die Korinther atmen wir die Erfahrungen der jungen Kirche und spüren den Zauber des Anfangs. Als er dieser kleinen Pfarrgemeinde um das Jahr 50 über das Ostergeschehen schreibt, notiert er der Reihe nach glaubwürdige Zeugen der Auferstehung: „Jesus erschien dem Petrus und dann den zwölf Apostel insgesamt. Dann erschien er mehr als 500 Brüdern zugleich, die meisten von ihnen sind noch am Leben. 1 Kor 15, 5f.)“

 

Als er dann an einer anderen Stelle über das letzte Abendmahl zu sprechen kommt, beginnt er seine Zeilen mit den Gedanken: „Denn ich habe vom Herrn empfangen was ich euch dann überliefert habe.“ Er gibt also etwas weiter, was nicht von ihm stammt: Jesus, der Herr, nahm in der Nacht in der er ausgeliefert wurde Brot.“ (1 Kor 11,23 ff.) Sie kennen diese Worte, weil sie in jeder heiligen Messe zu hören sind. Wir spüren in diesen vertrauten Formulierungen den Zauber des Anfangs und wir werden mit den Erfahrungen der jungen Kirche vertraut gemacht.

 

Als solche Zeugen, die Jesus noch wirklich persönlich erlebt hatten, immer weniger werden, setzt sich endlich die Idee durch, ihre Erfahrungen mit dem Messias in Bücher zu fassen. Lukas stellt uns gleich zu Beginn seine Motivation vor warum er sich diese Mühe macht: Schon viele haben es unternommen, einen Bericht über all das abzufassen, was sich unter uns ereignet und erfüllt hat. Nun habe auch ich mich entschlossen, allem von Grund auf sorgfältig nachzugehen um es der Reihe nach aufzuschreiben. (Lk 1, 1ff.)

 

Die Leserinnen und Leser sollen nämlich damals wie auch in unserer Zeit mehr über Jesus erfahren. Im Licht von Ostern und in der Erfahrung von Pfingsten sind diese vier Bücher geschrieben worden. Jeder Evangelist ist also vom Geheimnis der Auferstehung des Messias geprägt und mit dem Heiligen Geist beschenkt.

 

 

Heute wird uns für diesen Sonntag das Johannesevangelium aufgeschlagen. Wir erfahren, welch große Bedeutung Jesus für unseren Glauben hat. Gleich drei sehr wichtige Titel werden für den Wanderprediger aus Nazareth verwendet.

 

Da ist von ihm als dem Lamm Gottes die Rede. Da klingt das Paschafest an wo ein Lamm geschlachtet wurde. Nach diesem Paschamahl begann für das jüdische Volk der Weg aus dem Sklavenhaus Ägypten hinaus in die Wüste bis dann das Gelobte Land nach 40 Jahren endlich erreicht wurde. Das Volk Israel erinnerte sich Jahr für Jahr mit einem Fest daran. Wenn von Jesus als dem Lamm Gottes die Rede ist, dann hält dieser Gedanke die Hoffnung in uns wach, dass Gott sein Volk in die Freiheit führt.

 

Jesus wird heute als Rabbi als Lehrer angesprochen. In der damaligen Welt gab es im Judentum immer wieder begabte Menschen, die voller Weisheit über das Wort Gottes gesprochen hatten. Um diese Persönlichkeiten bildete sich oft ein Schülerkreis. Das war nichts außergewöhnliches.

 

Heute kommt bei Johannes zum ersten Mal ein ganz wichtiges Wort zur Sprache. Es ist eine Erfahrung die der Apostel Andreas allen Menschen dieser Welt als erster mitteilen darf: Wir haben den Messias gefunden, das ist der Gesalbte, Christus! (Joh 1,41)

 

Das Alte Testament ist von einer großen Hoffnung erfüllt. Da findet sich immer wieder der Gedanke dass Gott seinem Volk einen Heilsbringer schenken wird. Er wird das Herz der Menschen wieder Gott näherbringen, denn in seiner Person ist der Schöpfer des Himmels und der Erde mitten unter den Menschen anwesend.

 

Nun gilt es aufmerksam bei den Gottesdiensten hinzuhören, was uns Jesus Christus sagen möchte. Durch unser Tun und Handeln sind wir aufgefordert seine Worte in unseren Alltag zu übersetzen. Aus diesem Grund spricht heute Paulus von unserem Leib als Tempel Gottes, in dem wir auch die Gegenwart des Herrn finden können. (1 Kor 6, 19)

 

Halten wir deshalb Ausschau nach dem Messias, dem Rabbi, dem Lamm Gottes. Suchen wir seine verborgene Gegenwart in der Welt von heute und ganz besonders in unserem eigenen Herzen. Amen

So. 31.12.2023 Jahresschlussandacht (Pfarrer H. Lagler)

Thema: Das Reich Gottes ist euch nahe! (Lk 10,9)

 

Festlich versammelte Gottesdienstgemeinde!

Schwestern und Brüder in Christus!

 

Erinnern Sie sich noch an den Gendarmarieposten in Steinakirchen? Er war gegenüber dem Gasthaus Neckar im Unteren Markt zu finden. Als diese wichtige Dienststelle vor über 15 Jahren geschlossen wurde, dachte ich mir, dass unsere Pfarrbevölkerung so friedlich lebt, dass wir in Zukunft gar keine Gendarmen brauchen.

 

Erinnern Sie sich noch an die Volksbefragung über die Zukunft der Wehrpflicht in Österreich vor genau zehn Jahren? Es gab damals ganz intensive Überlegungen der politischen Parteien über ein Berufsheer und die Einführung eines verpflichteten sozialen Jahres für Frauen und Männer. Man meinte damals Konflikte in Europa in Form von Kriegen auszutragen, wird es niemals mehr geben und so ist eigentlich ein Bundesheer gar nicht mehr so wichtig.

 

Diese beiden Ereignisse waren für mich damals ein Zeichen, dass wir der Vision des Herrn nämlich dem Reich Gottes einen kleinen Schritt näher gekommen sind. In der Bibel wird uns diese Zielrichtung genau erklärt: Das Reich Gottes ist Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geist. Wer Christus so dient, ist bei Gott anerkannt und bei den Menschen geachtet. (Röm 14,16) Diese innere Haltung wird mit einem konkreten Tun beschrieben, für die ein soziales Jahr ja gar nicht ausreicht sondern die gesamte Lebenszeit umfasst: Sagt als erstes Friede diesem Haus und heilt die Kranken. (Lk 10,4)

 

So darf ich am letzten Tag des Jahres allen danken, die diese Vision versuchen zu leben. Vergelts Gott allen die im pfarrlichen Bereich ihre Talente einbringen.

 

Meiner Meinung nach sind wir dieser großartigen Vision des Reiches Gottes schon viel näher gewesen als im Jahr 2023, wo die Medien Tag für Tag von den Konflikten im Gazastreifen und dem Krieg in der Ukraine berichten.

 

Dies hat auch Auswirkungen auf das österreichische Bundesheer: Im Herbst wurden für unsere Soldaten 35.000 neue Kampfstiefel bestellt. Eine Firma aus Behamberg erhielt dazu den Auftrag. Ich dachte mir, naja wenn dies schon sein muss, dann haben wenigstens viele Menschen eine Arbeit. Dieser Mostviertler Betrieb lässt die Stiefel aber wieder in Rumänien herstellen, da dort viel billiger als bei uns gearbeitet wird.

 

Diese neuen Kampfstiefel ließen mich sofort an die Lesung der heiligen Nacht denken. Vielleicht sind Ihnen die Worte noch im Ohr: Die Geburt eines Kindes bringt ein Zeitalter des Friedens und aus diesem Grund wird jeder Stiefel der dröhnend daherstampft und jeder Mantel der mit Blut befleckt ist verbrannt. Diese Ausrüstungsgegenstände der Soldaten von damals brauchen nicht mehr gereinigt und aufgehoben zu werden. Sie sind unnötig geworden sind und können ruhig ein Fraß des Feuers werden. (Jes 9,4)

 

Bitte werden wir aber nicht mutlos. Die Haltung des Herrn in der Vision des Reiches Gottes zu leben ist nämlich aktueller den je. Hier sehen wir eine Zielrichtung wie Frieden möglich werden könnte. Hier hilft mir die Erkenntnis eines Priesters, der zugleich auch Psychotherapeut ist. Er erklärte in einem Vortrag, dass ein Krieg erst 100 Jahre nach einem Friedensschluss wirklich zu Ende ist. Also erst jetzt sind die Wunden die der Erste Weltkrieg damals geschlagen hat, wirklich geheilt.

 

Wenn wir auf die aktuellen Kriegsschauplätze schauen, dann müssen wir traurig feststellen, dass es sicherlich 100 Jahre dauern wird, bis die körperlichen und seelischen Wunden die heute Menschen in Gaza und in der Ukraine zugefügt werden, wieder geheilt sind.

 

Trotz aller schwierigen Ausblicke und Prognosen auf das kommende Jahr 2024 dürfen wir nie auf die Vision des Herrn vergessen: Das Reich Gottes ist euch nahe! Amen

So. 29.12.2024 Glaubenszeugnis – Fest der Hl. Familie (Margarete Strauß)

Schwestern und Brüder im Glauben

Jesus wird vermisst auf der Heimreise.

Wenn jemand in unserer Zeit vermisst wird, so können wir eine Vermisstenanzeige mit einer Personenbeschreibung  bei der Polizei anzeigen  und die Medien informieren uns über die abgängige Person.

Jedoch zur Zeit Jesu, gab es diese Nachrichten noch nicht. Man musste selber die Suche starten, musste Verwandte und Freunde fragen, die ihn kannten.

 

Ich kann mir vorstellen, dass diese Tage des Suchens für Maria und Josef eine Zeit der Ungewissheit waren.

Die Fragen: Wo sollen wir suchen? Wo steckt er? Was tut er alleine? Werden wir ihn wieder finden? Wie ist es ihm ergangen?

Sie gingen den Weg zurück nach Jerusalem dann nach 3 Tagen endlich die Erlösung von ihren Qualen: sie finden ihn im Tempel.

Die Frage von Maria, seiner Mutter: „Kind, warum hast du uns das angetan? Dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht“

 

Und er antwortet seelenruhig: „Warum habt ihr mich gesucht? Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meinem Vater gehört?“

Jesus war kein gewöhnliches Kind, er fühlte sich wohl bei den Gelehrten…

es war die Zeit der Pubertät, des Lernens, der Vorbereitung auf das Erwachsen werden. Es war die Zeit des Reifens für sein Leben.

 

In den altertümlichen Kulturen spielte der Zeitpunkt der Pubertät eine wichtige Rolle, denn es ist die Zeit am Übergang von der Kindheit zum Erwachsenen und der war mit der Zeugungs- und Gebärfähigkeit vollendet. Die Kinder lernten, worauf es beim Erwachsensein ankommt. Die Mädchen lernten ihre Aufgaben von den Frauen, die Knaben von den Männern. Den jungen Menschen wurde damals am biologischen Übergang viel zugetraut, die sie als Rolle von Frau und Mann lernen mussten.

 

Und Jesus? Von wem lernte er? Er lernte von seinem Vater, von Gott. Das ist der Kern der Geschichte.

 

Wenn wir heute unsere Jugendlichen betrachten, so wird diese Zeit von den Eltern als die schwierigste im Leben eines jungen Menschen angesehen. Es ist die Zeit zwischen 10 und 20, die Hochphase wird zwischen 12 und 16 Jahren  angegeben. Es ist die Zeit der Widersprüche , die Zeit des Nicht verstanden werden, es ist  die Zeit des Aufbruchs in die Eigenständigkeit ins Erwachsenenleben. Die Jugendlichen lernen sich von ihren Familien abzunabeln, sie haben den unbändigen Drang, ihre Entscheidungen alleine zu treffen, sie lassen sich wie wir sagen: „nichts mehr sagen“, sie meinen die Auswirkungen ihrer Entscheidungen können sie allein tragen.

Zugleich aber sollten sie wissen: dass sie für ihre Fehler, die sie machen, nicht allein gelassen werden…dass noch immer die Eltern da sind für sie, dass sie ihnen beistehen.

Man könnte es mit den letzten Tagen im Paradies vergleichen, wenn sie von der verbotenen Frucht essen, dass sie nicht hinausgeworfen werden.

 

Ich denke da an meinen Enkelsohn, der einen Fehler nach dem anderen macht: er weiß, in seiner Schule ist das Laufen am Gang verboten… er tut es –  oder er denkt, in Englisch brauche ich keine Aufgaben machen, ich bin perfekt…

Schauen wir jedoch mit liebevollen Blick unsere Jugendlichen an, lassen wir sie den eigenen Weg gehen oder zeigen wir ihnen den Weg, wenn sie sich verirren, wenn sie ihre Grenzen überschreiten? Zeigen wir ihnen die Liebe und das Vertrauen in der Familie, dass sie nicht allein gelassen werden, wenn die Probleme zu groß werden.

Ich weiß, Jugendliche zu begleiten ist eine Herausforderung. Die jungen Menschen müssen wie Jesus ihren eigenen Weg finden und gehen, sie brauchen die Sicherheit,  dass die Familie ihnen Halt gibt, dass sie Gemeinschaft erfahren. Jede und jeder soll wissen, dass er, dass sie – jederzeit willkommen sind, egal mit welcher Frisur, oder mit welchem Wortschatz sie uns begegnen… denn wenn eines aus dieser wilden Zeit bleibt, ist es das Wissen, dass jemand für sie da war, das bleibt in der Erinnerung an diese Jahre. Zu wissen dass es eine Tür gibt, die niemand zuschlägt, die offen bleibt.

Dies gilt auch für die Erwachsenen unter uns…es ist die Gewissheit, da ist  eine Tür die immer offen bleibt, es ist  die Tür zu Gott.

 

Fragen wir uns:

 

Wie habe ich diese wilden Jahre meiner Jugend empfunden?

 

Von wem lernte ich in dieser Zeit des Erwachsenwerdens?

 

Bringe ich in der Familie Verständnis für die jungen Menschen auf?

 

Für wen in der Familie bin ich eine Tür, die offen bleibt?

 

Stille