So. 13.10.2024 Evangelium: Markus 10, 17–30 (Hemma Putschögl)
Dieser junge Mann im Evangelium hat alle Gebote befolgt. Und er erkennt, dass Jesus ein weiser, ein guter Mensch ist, ein „guter Meister“, wie er ihn bezeichnet. Vielleicht kann er ihm helfen in seiner Sinnfrage, in seiner Suche nach einem gelingenden Leben, das in das ewige Leben mündet? Und so fragt er Jesus: „Was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen?“
Für mich ist dies nicht nur eine Frage, sondern auch eine Aussage über sein Gottesbild und sein Glaubensverständnis: Denn er meint offensichtlich, dass er nur genügend tun muss, um das ewige Leben zu erlangen; dass es darauf ankommt, möglichst alle Gebote zu halten, dann ist das Himmelreich verdient. Dabei vergisst er aber, dass man das ewige Leben gar nicht gewinnen kann, denn es gehört uns ja schon! Er glaubt an einen Gott, der eine Leistung von ihm verlangt, an einen Gott, der mitrechnet, ob er wohl genug gute Taten aufweist – doch er vergisst, dass dieser Gott ihm vor aller Leistung schon das Leben geschenkt hat.
Was mich an unserem christlich-jüdischen Glauben so fasziniert ist: Ich muss gerade nicht zuerst etwas leisten, um von Gott geliebt zu werden; ich muss ihn auch nicht besänftigen, gnädig stimmen… – sondern (wie Jesus es sagt): Gott ist der Gute; er ist die Liebe; er liebt mich, einen jeden, eine jede von uns – und zwar vor aller Leistung; nicht, weil ich so gut, so brav bin, sondern weil ich sein Kind, weil ich Kind Gottes bin!
Nun gibt es also keine Leistung, mit der man sich den Himmel verdienen könnte. Dennoch ist es nicht ganz egal, wie man handelt. Und daher gibt Jesus dem Mann doch einen Auftrag, mit dem dieser nicht gerechnet hatte. Er fordert ihn auf: „Geh, verkauf alles was du hast, und gib das Geld den Armen!“ Doch das geht dem jungen Mann nun zu weit. Es ist eine Forderung, die dem Mann zu extrem ist. Jesus geht es hierbei aber nicht darum, dass der Mann ihm Besitzlos nachfolgen soll – dazu sind nur wenige Menschen berufen (zb. Franz von Assisi).
Jesus meint viel mehr: Besitz und großer Reichtum stellen eine Gefahr dar. Die Gefahr lautet: Der Besitz könnte dazu führen, zu meinen, ich kann mir selber alles leisten oder alles richten; ich bin nicht abhängig von anderen. Und das kann zur Frage führen: Wozu brauche ich da einen Gott?
Letztlich stellt Jesus die Frage, woran denn das Herz des Menschen eigentlich hängt.
Jesus möchte uns befreien. Von einer falschen Abhängigkeit und dem Leistungsdruck des Glaubens.
Jesus möchte uns diese schwere Last von den Schultern nehmen. Nicht ich muss alles schaffen – für mich ist es unmöglich, mir den Himmel – das Reich Gottes zu erarbeiten. Für Gott ist alles möglich. Es gehört diese Gnade dazu, nicht nur das Einhalten der Gebote. Dieses Sich-Eingestehen-Können, dass ich nicht allmächtig bin und alles schaffe. Schaffen muss. Mich in die Gnade Gottes zu stellen und mich ihm zur Verfügung stellen. Das ist die Nachfolge, von der Jesus redet.
Die Frage am Ende unseres Lebens wird vermutlich nicht lauten: wie viel habe ich gearbeitet. Das wird auch eher nicht das sein, was in Erinnerung bleibt. Die Frage sollte viel eher lauten: wie viel habe ich geliebt. Das ist auch das, was am ehesten in Erinnerung bleibt von einem Menschen – wie war er zu mir, wie ging er mit mir und anderen Menschen um.
Zitat aus einem Buch von Martin Schleske: Was immer unter uns durch die Liebe geschieht, wir als die Frucht unseres Daseins in Ewigkeit bestehen.
Und zu lieben, das ist dieser Ruf, den Gott für uns alle hat. Für jede und jeden ganz persönlich, in dem Umfeld, in dem ich selbst im Hier und Heute lebt.