So. 17.08.2025 Empfange das Evangelium Christi (Pfarrer Hans Lagler)

Zu den verschiedenen Diensten eines Diakons zählt es bei einem Gottesdienst das Evangelium verkünden zu dürfen. Selbst wenn hochrangige kirchliche Amtsträger der Liturgie vorstehen, gilt folgende Regel: Ist ein Diakon anwesend, hat er das Ehrenrecht der Feiergemeinde die Worte des Evangeliums vorzutragen.

 

Beim Fest der Diakonenweihe gibt es folgenden eindrucksvollen Ritus: Der Bischof übergibt dem Neugeweihten das Evangelienbuch und sagt dabei: „Empfange das Evangelium Christi, zu seiner Verkündigung bist du bestellt. Was du liest, ergreife im Glauben. Was du glaubt, das verkünde; was du verkündest erfülle im Leben.“

 

Für mich persönlich ist es eine große Freude, wenn ich das Evangelium verkünden darf, doch manchmal muss man Bibelstellen vorlesen, die einem doch irgendwie schwer über die Lippen gehen.

 

Bis vor wenigen Jahren zählte das heutige Sonntagsevangelium dazu. Gerne wiederhole ich die Worte, die mir viele Jahre Schwierigkeiten machten. Jesus betont: Ich bin gekommen um Feuer auf die Erde zu werfen und dann der eigenartige Vers: Meint ihr, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen? Nein sage ich euch, nicht Frieden, sondern Spaltung. (Lk 12,49.51) Dieser Konflikt wird dann in einer Familienaufstellung konkretisiert. Diese Verse waren für mich schwer verdaulich.

 

Es noch gar nicht lange her da veränderte das Auftreten der Coronapandemie unser Land ganz gewaltig. Die unterschiedlichen Antworten der Medizin und der politischen Parteien halfen mir dieses herausfordernde heutige Sonntagsevangelium besser zu verstehen. Auf einmal ist von einem Tag auf den anderen eine Spaltung der Gesellschaft in diesen Fragestellungen quer durch alle Familien gegangen.

 

Urplötzlich schien damals auf einmal das aktuelle Evangelium wahr geworden zu sein: Wenn fünf Menschen im gleichen Haus wohnen,

wird Zwietracht herrschen. Drei werden gegen zwei stehen und zwei gegen drei. Dieser Konflikt wird mit der Aufzählung der unterschiedlichen Mitglieder einer Familie unterstrichen. (Lk 12,52)

 

In der Zeit als der Evangelist Lukus sein Buch über Jesus schrieb, beherrschte eine sehr energisch geführte Diskussion die damalige Gesellschaft: Ist dieser einfache Wanderprediger aus Nazareth der sehnsüchtig erwartete Messias, der Erlöser der Welt, oder nicht? Dieser Streit spaltete die jüdischen Hausgemeinschaften.

 

Im Grunde muss jede und jeder von uns darauf ebenfalls eine Antwort finden. Wer ist dieser Jesus für mich? Kann auch ich hoffentlich wie der Apostel Petrus voll Herzklopfen im Blick auf den Herrn sagen: Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes? (Mt 16,16) Geht auch mir das Wort dieser klugen Frau namens Martha von Betanien über die Lippen: Ja, Herr ich glaube, du bist der Messias, der Sohn Gottes der in die Welt kommen soll? (Joh 11,27)

 

Die biblischen Schriften des Neuen Testamentes sind im Licht der Ostererfahrungen und der Pfingstereignisse geschrieben worden. Der Verfasser des Hebräerbriefes denkt über den menschgewordenen Gottessohn nach und kommt zu einer großartigen Erkenntnis: „Lasst uns auf Jesus blicken, den Urheber und Vollender des Glaubens. Er hat angesichts der vor ihm liegenden Freude das Kreuz auf sich genommen und sich zur Rechten von Gottes Thron gesetzt.

(Hebr 12,2)“

 

Manche Bibelstellen sind mit den Ohren der Gegenwart schwer zu verstehen. Die Aufgabe der Kirche insgesamt und besonders der Diakone ist es, die Welt von heute mit den bewegenden Worten des Evangeliums zu konfrontieren. Es gibt immer wieder Erfahrungen die den oft schwierigen Worten des Erlösers eine neue Leuchtkraft geben. Dies macht für mich das Buch der Bücher so spannend.