Fr. 22.08.2025 Begräbnispredigt für Hr. Walter Eigner (Pfarrer Hans Lagler)
Liebe Alex! Liebe Kinder!
Schwestern und Brüder in Christus!
Im Jänner 2012 kam Walter zu mir in den Pfarrhof um gemeinsam mit dir liebe Alex das Begräbnis deiner Mama Frau Gerti Eigner vorzubereiten. Walter brachte damals eine Geschichte mit, die ich unbedingt beim Requiem vorlesen sollte. Es sollen nun diese Gedanken, die er für seine Schwiegermutter gefunden hatte, wieder zu hören sein. Sie waren ihm sehr wichtig:
Es war einmal vor langer langer Zeit – so beginnt diese Geschichte – da ging eine alte Frau auf einem staubigen Feldweg entlang. Bei einer zusammengekauerten Gestalt, die fast unbemerkt am Wegesrand saß, blieb sie stehen. Die alte Frau beugte sich zu dieser Gestalt hinunter und fragte: Wer bist du?
Zwei leblose Augen blickten müde auf: “Meinst du mich? Ich bin die Traurigkeit“, flüsterte sie. Die Traurigkeit war selber ganz traurig geworden. “Weißt du, ich sitze hier ganz allein am Wegesrand. Es ist aber meine Bestimmung als Traurigkeit immer wieder unter die Menschen zu gehen um bei ihnen eine gewisse Zeit zu bleiben. Aber die Leute fürchten sich vor mir.
Die Gestalt der Traurigkeit sank noch mehr in sich zusammen. “Und dabei”, so stammelte sie; “möchte ich den Menschen nur helfen. Wenn ich ihnen ganz nahe bin, können sie sich selbst begegnen. Ich helfe ihnen ein Nest zu bauen um ihre Wunden pflegen zu können, denn nur wer die Traurigkeit zulässt und all die ungeweinten Tränen weint, kann seine Wunden auch wirklich heilen.
Die kleine alte Frau nahm die Traurigkeit liebevoll in ihre Arme. “Traurigkeit, ruh dich bei mir ein wenig aus. Ab heute sollst du nicht mehr alleine zu den Menschen wandern. Ich werde dich begleiten. richtete sich auf und betrachtete erstaunt ihre neue Gefährtin: Darf dich etwas fragen: “Wer bist du überhaupt?” “Ich”, sagte die kleine alte Frau” Ich bin die Hoffnung.”
Mit dieser tiefgründigen Geschichte, die damals Walter ausgesucht hatte, wird meiner Meinung die Grundstimmung des heutigen Tages treffend
beschrieben. Die Traurigkeit macht unser Herz schwer, doch wenn wir Menschen voller Hoffnung sind oder in unserer großen Trauer Menschen voller Hoffnung begegnen, sehen wir einen leichten Silberstreifen am Horizont des dunklen Lebenshimmels. Diese wichtige Haltung wird besonders im Rosenkranzgebet angesprochen, wenn wir Jesus bitten, dass er in uns die Hoffnung stärke, den Glauben vermehre und die Liebe entzünde.
Ein Begriff der Bibel ist ein wichtiger Bestandteil unserer Alltagssprache geworden, denn die antike Gewichtseinheit „Talente“ wurde zum Wort für unterschiedliche Begabungen. Walter war mit vielen Talenten beschenkt und was er nicht konnte, das erlernte er sich mit Beharrlichkeit.
Walter hatte aber leider – meiner Meinung nach – einen Sprachfehler. Er konnte nicht nein sagen. Aus diesem Grund haben wir ihn alle angerufen, wenn wir einen Musiker brauchten oder wenn es galt etwas gut und gekonnt zu organisieren.
Bei einer Wanderung bin ich einmal rund 5 Minuten vor einem Apfelbaum stehen geblieben. Er war über und über mit Früchten voll aber dann war etwas eigenartig passiert. Durch die Last der Äpfel brach der Baum von einer Sekunde auf die andere mitten entzwei und seine Äste lagen am Boden. Könnte dies nicht auch ein Bild für Walter sein? Vielleicht kann es uns helfen sein Leben und seinen plötzlichen Tod besser zu verstehen?
In dieser Stunde der Traurigkeit möchte ich uns allen gerne ein Wort der Hoffnung mitgeben. Es stammt vom heiligen Augustinus: Er schreibt im Blick auf eine leidvolle Erfahrung: „Unsere Verstorbenen schauen mit den Augen voller Licht in unsere Augen voller Tränen.“
Walter wir wünschen Dir, dass du nun auf ewig in der strahlenden Gegenwart Gottes geborgen bist, aber dein Begräbnis zeigt wie sehr du uns hier auf Erden fehlst. Amen
Lesung: 1 Kor 15, 1 Das Evangelium ist der Grund auf dem wir stehen
Evangelium: Mt 25, 13- 22 Gleichnis von den Talenten

