So. 30.3.2025 Das Gleichnis vom verlorenen Sohn (Kaplan Sojan Thomas)

Das Gleichnis vom verlorenen Sohn

Das Gleichnis vom verlorenen Sohn Eines der bekanntesten Gleichnisse erzählt eine spannende Familiengeschichte: ein Vater, dessen Großherzigkeit schier maßlos ist; ein Sohn, der schließlich in der Gosse landet – bei den Schweinen, und zu guter Letzt ein zweiter Sohn. Der Ältere der beiden, der, der brav geblieben ist, anständig, der sein Lebtag lang gearbeitet hat, und am Ende dieses Gleichnisses steht gerade der draußen vor der Tür. Das Gleichnis vom verlorenen Sohn, vielfach auch genannt „das Gleichnis vom barmherzigen Vater“, könnte auch einen dritten Namen bekommen: „Das Gleichnis vom zornigen Bruder“. Je nachdem, mit welcher Person wir uns am meisten identifizieren.

Der Vater ist jemand, der loslassen kann, damit die Söhne die Chance haben, ihr Leben in die Hand zu nehmen, eigene Erfahrungen zu machen und so zu reifen. „Er teilte sein Vermögen auf“.  Der Vater gibt, was er hat, an seine Söhne ab. Damit gibt er ein Stück seines Lebens ab. Aber nur indem er als Vater loslassen kann, haben die Söhne die Möglichkeit ihr eigenes Leben zu leben, es sinnvoll zu gestalten, auch wenn dies zunächst nicht so aussehen mag.

 

Im Gleichnis begleiten wir den Sohn in die Fremde: Er verschleudert sein Vermögen, er hütet die Schweine, hat Hunger und will doch wieder heimkehren. Erst bei der Heimkunft des Sohnes, erahnen wir, was auch der Vater durchgemacht hat, wie sehr er an seinen Sohn gedacht haben muss, weil er ihn liebte und herbeisehnte. Von weitem schon sah er ihn kommen, wahrscheinlich hat er Ausschau gehalten, „und er hat Mitleid mit ihm. Er läuft dem Sohn entgegen, fielt ihm um den Hals und küsst ihn.“ Der Vater lässt den Sohn nicht einmal ausreden, er braucht keine Entschuldigung, er nimmt seinen Sohn in den Arm und freut sich, dass er zurückgekehrt ist…..Die Begegnung ermutigt uns zu einer Umkehr, immer neu ein Leben in der Gnade Gottes zu beginnen. Dieses Gleichnis zeigt uns: So handelt Gott. Gerechtigkeit ist zum Guten und zum Frieden zu wenig, es bedarf der Liebe und der Barmherzigkeit. Wenn der Mensch festsitzt und zu keinem Schritt mehr fähig ist, dann bleibt Gott trotzdem unterwegs zum Menschen, um ihn zu retten. Barmherzigkeit geht über Recht.

 

Wir erfahren nicht, ob das Gleichnis vom verlorenen Sohn, die Geschichte vom barmherzigen Vater, im letzten wirklich gut ausgeht. Es bleibt offen, ob auch der zornige Bruder bereit ist, die Barmherzigkeit seines Vaters anzunehmen, zu akzeptieren. Der Bruder ist ein Realist, er hat ja recht, aber er denkt nicht so wie sein Vater, da ist keine Freude und nicht die Liebe des Vaters. Wirklich schön wird die Geschichte erst dann sein, wenn auch der zornige Bruder bereit sein wird, so zu denken wie sein Vater. Auch bei diesem Bruder ist eine Umkehr notwendig, die dann ganz wesentlich zum Frieden und zur Freude des Festes beitragen wird. Von ihm ist eine innere Umkehr des Denkens gefordert.

 

Der ältere Sohn war beim Vater geblieben und hat so versucht, sein Glück zu finden und seine Sehnsucht nach Leben zu leben. Ist er weitergekommen? Als er die Musik hört, kann er am Fest nicht teilnehmen. Zu viel an Hass und Enttäuschung ist in ihm. So geht kein Fest. Dem Vater macht er Vorhaltungen, rechnet auf, was er alles geleistet hat und was er dafür bekommen oder nicht bekommen hat. Sein Ärger und seine Wut sind unbeschreibbar, er versteht nichts mehr. Er hat den ganzen Druck der Verantwortung und Sorge auf sich genommen, hat alle Pflichten bestens erfüllt und dann… Dann scheint nichts zu sein. Alles umsonst.

 

Bei dem älteren Sohn bleibt offen wie die Geschichte ausgeht. Wird er einen Zugang zum Fest finden? Mag er glauben, dass er ebenso wie der jüngere Sohn vom Vater geliebt wird? Wird er erfahren und annehmen können, dass es mehrere Wege gibt, sein Lebensglück zu finden?

 

Der zornige Bruder hat es vielleicht noch viel schwerer als der „verlorene Sohn“, der durch seine Not zur Einsicht gelangt ist, der ja gar nicht anders konnte, als wieder heimzukehren zum Vater. Vom älterem ist Gerechtigkeit verlangt nicht nach dem eigenen Denken, sondern nach dem Denken des Vaters. Das erinnert an ein Wort, das Jesus einmal an Petrus richtet: „Weg mit dir, Satan, … denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen.“ – Petrus geht nicht, Gott sei Dank, und wir hoffen, dass auch der zornige Bruder nicht geht, dass er bereit sein wird, so zu denken, wie sein Vater es ihm nahelegt.

 

In der Gemeinschaft der Kirche, die gemeinsam ein Fest feiert, sind wir nicht nur zu Umkehr und Barmherzigkeit gerufen, sondern wirklich auch zu einer Wandlung des Denkens. Die Fastenzeit lädt uns ein, uns selbst zu hinterfragen: Wo habe ich meinen Bruder oder meine Schwester verletzt? Wo habe ich das Angebot der Versöhnung nicht angenommen oder selbst versäumt, Versöhnung zu stiften? Diese Zeit fordert uns heraus, unser Herz zu öffnen und mit Gott und meinem Nächsten in Einklang zu kommen. Es ist eine Einladung, den Blick von den eigenen Enttäuschungen und den eigenen Fehlern zu wenden und auf die Liebe Gottes zu richten, die größer ist als all

unser Versagen. Amen