So. 16.3.2025 Es gibt Momente der Durchlässigkeit (Dr. Enrico Grube, Innsbruck))
Es gibt Momente der Durchlässigkeit. Es gibt Augenblicke im Leben, wo in unserer gewöhnlichen, alltäglichen Welt eine andere aufscheint, eine Welt, die über dasjenige, was wir normalerweise erfahren, hinausgeht. In der Erfahrung der erhabenen Schönheit der Natur erleben manche Menschen solche Augenblicke, oder in einem Gespräch mit einem geliebten Menschen. Einige der großen Mystiker der Kirchengeschichte haben im Gebet solche Momente erlebt – Momente, in denen sich die Schöpfung zu öffnen scheint auf etwas Anderes hin.
- Meister Eckhart: ‚Durchbruch‘ – Gott bricht durch, „spricht“ mit Menschen – ‚die Stimme Gottes hören‘ meint diese Erfahrung
- verbunden mit tiefer Freude (tiefe Freude immer verbunden mit Sehnsucht)
- Philosophen reden manchmal von „Grenzerfahrungen“ – an den Grenzen des Lebens erfahren wir manchmal Momente des ganz anderen
Verklärung à Modell für diese Erfahrung
- Berg: Ort der Begegnung mit Gott
- Metamorphosis – Wandel der Gestalt: er verliert seine menschliche Gestalt nicht; er behält seine menschliche Gestalt, aber etwas mehr erscheint darin, im menschlichen Antlitz Christi erscheint seine Gottheit
- Mose und Elija als Vertreter des AT – Gesetz und Propheten – Gestalten der entfernten Vergangenheit tauchen auf – im Durchbruch: Ewigkeit, räumliche und zeitliche Distanzen sind aufgehoben in Gottes Wirklichkeit; Ewigkeit ist nicht endlose Zeit sondern ein Über-der-Zeit
- symbolisch: Christus erscheint als Erfüllung von Gesetz und Prophetie
Petrus und seine Begleiter aber waren eingeschlafen,
wurden jedoch wach
und sahen Jesus in strahlendem Licht
und die zwei Männer, die bei ihm standen.
- Schlaf: Spirituelle Unaufmerksamkeit, Verschlossenheit – man denke an den Schlaf der Jünger im Garten von Gethsemane
- Sie erwachen und sahen Jesus in strahlendem Licht – wenn wir uns die Geschichten der großen Heiligen der Kirche anschauen, so ist es oft das Gebet, das zu einer solchen Erfahrung führt – zu Berichten des Erwachens, als sei ein Schleier von den Augen genommen worden
- Gebet: Erhebung des Herzens zu Gott – Öffnung des Bewusstseins dieser anderen Welt gegenüber, die zwar in dieser Welt beginnt, aber weit über sie hinaus geht
- wir sind für dieses Andere erschaffen worden – wie der Hl. Augustinus am Beginn seiner Bekenntnisse formulierte…
- Dieses Zur-Ruhe-Kommen der Unruhe des Herzens in Gott: In dieser Welt haben wir nur Augenblicke davon à wir müssen immer wieder in die Welt zurückkehren, hinabsteigen vom Berg
- diejenigen, die „etwas erfahren haben“ im Gebet, denen Gott sich irgendwie gezeigt hat in der Betrachtung, würden allzu gern in dieser Erfahrung Gottes verharren, „Hütten bauen“ auf diesem heiligen Berg – doch ist es ihnen in diesem Leben nicht vergönnt, sie müssen wieder hinabsteigen, der Herr hüllt sich in Wolken – Warum? Weil er sie sendet! Er sendet sie, dieses Licht, das Licht Seiner göttlichen Klarheit weiterzutragen – davon zu berichten, dass es dieses „ganz Andere“ gibt; dass der Herr auf jeden einzelnen von uns wartet, dass wir zu ihm kommen sollen.
- Petrus ist den Berg hinabgestiegen und zum ersten Papst geworden: die Kirche, die große Theologie der Heiligen geht auf solche Durchbruchserlebnisse zurück
- Was waren unsere Durchbruchserlebnisse im Leben? Wo hat sich der Herr uns gezeigt? Haben wir den Mut, diese Ereignisse ernst zu nehmen und auch als solche zu benennen? Haben wir den Mut, unsere Erfahrungen mit dem Herrn mitzuteilen, auch wenn das eigentlich so gut wie unmöglich ist? Jede und jeder von euch ist dazu berufen, das göttliche Licht, das er oder sie auf dem Antlitz Christi gesehen hat, weiterzugeben. Das ist Kirche, dazu ist Kirche da! Die Frohe Botschaft: Im Antlitz Christi hat Gott sich gezeigt und zeigt uns, wer er ist. Dass er will, dass wir in aller Freiheit und als der- und diejenige, die wir sind, zu ihm kommen.
- In der Heiligen Eucharistie schenkt er uns jedes Mal auf wundersame Weise einen Vorgeschmack seiner göttlichen Gemeinschaft. Lasst uns nun gemeinsam dieses große Geheimnis feiern. AMEN.
Lk 9, 28b–36