So. 2.6.2024 Als aus dem Sabbat der Sonntag wurde (Pfarrer Hans Lagler)
Schwestern und Brüder in Christus!
Uns allen ist viel z u wenig bewusst, wie sehr wir in unserer christlichen Glaubenstradition mit dem Judentum verbunden sind. Dort liegen die Urspünge, dort finden wir die Anfänge. Der Apostel Pauls hat schon recht, wenn er sagt: Nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich. (Röm 11,17)
Heute lädt uns die Kirche ein den Ursprung des Sonntags zu bedenken. Viele Besonderheiten des jüdischen Sabbats sind ja im Laufe der Jahrhunderte auf den christlichen Sonntag übertragen worden.
Ein besonderes Merkmal des Sabbats ist die Arbeitsruhe, die sehr streng eingehalten wurde und wird. Sechs Tage sollst du arbeiten und am siebten sollst du ruhen. (Ex 31,15). Hier wird angedeutet, dass Gott der Schöpfer des Himmels und der Erde in sechs Tagen die Welt erschaffen und nach diesem grandiosen Werk einen Tag geruht hat. (Gen 2,2) Ein großartiges Bildwort der Bibel- Also nach sechs Tagen war die Welt zwar fertig, aber nach sieben Tagen ist sie vollendet gewesen. Das ist dein großer Unterschied.
Sie kennen das bei großen Bauprojekten: Es braucht den Tag, wo nach der abgeschlossenen Arbeit ein Fest gefeiert wird. Wenn der letzte Handwerker geht, ist ein Haus zwar fertig gestellt, aber es braucht dann auch ein Fest und ein Bau ist wirklich vollendet.
Das Revolutionäre an dieser Arbeitsruhe am jüdischen Sabbat wird folgendermaßen sichtbar; Dieser Erholungstag ist wirklich allen geschenkt. In der Bibel lesen wir; „Am Sabbat darfst du keine Arbeit tun, du , dein Sohn, deine Tochter, deine Sklave, dein Rind, dein Esel und dein ganzes Vieh und auch der Fremde der bei dir Wohnrecht hat. (Dtn 5,14)
Eine solche Sichtweise war bei allen Völkern der damaligen Zeit unbekannt. Die Reichen hatten sozusagen immer frei und die Sklaven schufteten Tag und Nacht ohne Unterbrechung.
Nach der Einhaltung dieser wöchentlichen Sabbatruhe gehen am berühmten Ostermorgen – also am ersten jüdischen Arbeitstag – einige Frauen zum Grab Jesu und finden es leer. (Mk 16,2) Halleluja – Jesus lebt. Der Auferstehungstag wird daher der Kirche als der achte Tag in der Schöpfungswoche bezeichnet. Dies stellt die kirchliche Kunst sichtbar dar. Viele Taufbecken haben daher acht Ecken. Sie können gerne bei unserem Taufbrunnen in der Marienkapelle nachzählen.
Im christlichen Denken sehen wir aus diesem Grund den Sonntag als den ersten Tag der Woche. 1976 nahm man bei einer internationalen Kalenderreform nicht darauf Rücksicht. Der Sonntag wurde zum letzten Tag erklärt, der dann noch im Wochenende irgendwie verschwindet und seiner Kraft beraubt wird. Es braucht daher eine gewaltige Selbstdisziplin diesen kostbaren Tag für den Gottesdienst und die Erholung zu nutzen.
Diese Veränderung der Stellung des Sonntags im Wochenablauf wurde meiner Meinung nach nicht konsequent umgesetzt. Fängt die neue Woche wirklich mit dem Montag an, kann nicht schon nach zwei Tagen die Mitte der Woche – also der Mittwoch sein – wenn dann noch vier Tage folgen.
Die kirchliche Glaubenstradition darf dankbar auf ihre jüdischen Wurzeln blicken. Sie startet mit dem Sonntag – dem Auferstehungstag des Herrn – in die neue Woche. Durch das Licht von Ostern sollnämlich unser oft so grauer Alltag einen österlichen Glanz bekommen. Diese Sichtweise dar nicht verloren gehen.
Amen
Lesung: Dtn 5, 12-15
Evangelium: Mk 2,23 -3,6